Wenn Welten aufeinander stoßen, klirrt das Champagnerglas.

Teure Weine, das Leben genießen, exklusive Locations - damit wird klassische Musik im Marketing gerne Verbindung gebracht – was Menschen mit kleinerem Gelbeutel zurecht abschreckt – und sich diametral zur Lebenswelt der Erschaffer verhält:

Vivaldis Körper liegt unter dem Beton-Fundament eines Universitätsgebäudes nachdem er verarmt und unbeachtet starb; Robert Schumann wollte sich im Rhein ersäufen; Schostakowitsch musste für Stalin komponieren und Bach konnte von einem Glas edlen Tropfens vermutlich nur träumen. Und obwohl Bononchinis Menuett gefühlt jede zweite Telefonschleife zu einer Geduldsprobe macht (glauben Sie mir - das Stück kennen Sie!) musste sich dieser am Lebensende als Kopist durchschlagen weil er alles verzockt hatte.

Sie kennen bestimmt die Oper Carmen. Bizet, der Komponist der meistgespielten Oper der Welt starb als schnöder Klavierlehrer an seiner Zigaretten-Leidenschaft bevor er vom Erfolg von "Carmen" etwas mitbekommen konnte. Dass Mozart verarmt starb und in einem Grab dritter Klasse bestattet wurde weiß man ja noch aus dem Musikunterricht. Aber Mozart litt auch unter Verfolgungswahn, Angststörungen und Depressionen - was ein Psychotherapeut heute vermutlich mit Erfolgsdruck in der Kindheit erklären würde. Schubert bezeichnete sich selbst als "den unglücklichsten und elendsten Menschen der Welt" und verendete mit 31 als Alkoholiker. Dass Beethoven, vorsichtig formuliert, kein angenehmer Zeitgenosse war reflektiert sich auch eher selten in Champagnergläsern. Klirren tun sie trotzdem.

Die Klassik, so scheints, hat sich seit dem Bürgertum des 19. Jahrhunderts von einem Bild der heilen Welt vereinnahmen lassen und wirkt dabei so authentisch wie ein Mary Poppins - Film. Das diese nicht so ist und dass viele Komponist:innen genau dem in ihren Werken Rechnung tragen wird halt ignoriert.

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Ich will aber nicht immer Sex haben.